Globalisierung einfach erklärt

Es war einmal in Deutschland

Herr Meier arbeitet bei einem kleinen Unternehmen. Es gibt noch sehr viele kleine und mittelständige Unternehmen, die sich innerhalb der Landesgrenzen Konkurrenz machen. Ziel eines jeden Unternehmens ist es, sich im Markt zu behaupten und seine Position auszubauen. Herr Meier verdient nicht schlecht und kann sich sogar noch etwas Geld zurücklegen. Alle Unternehmen bewegen sich im selben Lohngefüge und haben dieselben Grundvoraussetzungen.

Der Markt öffnet sich in Richtung Europa

Die Firma X versucht in Deutschland mehr Profit zu machen. Innerhalb von Deutschland ist das nicht machbar, da ja alle Firmen in etwa die gleichen Voraussetzungen vorfinden. Also beschließt man in Portugal, einem Land mit einem niedrigeren Lohngefüge und Lebenshaltungskosten eine Produktionsstätte aufzubauen. Der Staat freut sich über die Ansiedlung des Unternehmens, es werden im Land Arbeitsplätze geschaffen und Landesübliche Löhne gezahlt. Die Firma X verkauft nun ihre Produkte in Deutschland billiger als alle Anderen. Es dauert nicht lange und andere Firmen in Deutschland ziehen nach. Um weiterhin im Geschäft zu bleiben, sieht sich das Unternehmen für das Herr Meier arbeitet, gezwungen, noch preiswerter zu produzieren. 

Unternehmensberater drängen auf Senkung der Lohnkosten. Nun will der Geschäftsführer seinen Mitarbeitern nicht unbedingt sagen, daß sie in Zukunft für ihre Arbeit weniger Geld bekommen. Also wird die Arbeitszeit um zwei Stunden ohne Lohnausgleich verlängert. Die Firma X hat mittlerweile seine Produktion in Deutschland mächtig zurückgefahren und etliche Mitarbeiter entlassen. Herr Meier macht sich um seine Arbeit noch keine Gedanken. Das Unternehmen, bei dem er angestellt ist, steht im Vergleich zu Anderen noch recht gut da. Natürlich muß er nun zwei Stunden länger für den gleiche Lohn arbeiten, aber ansonsten kann er sich noch alles leisten.

Die Globalisierung trägt Früchte

Der Eigentümer der Firma X bekommt von einer Weltfirma ein super Angebot und verkauft sein Unternehmen mit großen Gewinn. Die Weltfirma nutzt die Absatzkanäle der Firma X um auch seine Produkte darüber zu vertreiben. Einige bei der Firma X produzierten Produkte werden kurzerhand ausgetauscht. Die Produktion wird in der Firma X zurückgefahren, es gibt Kurzarbeit. Den Mitarbeitern wird erklärt, dass das alles so sein müsste, um weiterhin im Markt bestehen zu können und um die Arbeitsplätze zu erhalten. Auch andere Firmen werden mittlerweile durch Weltunternehmen aufgekauft. Die Produktion wird bei der Firma X noch einmal um ca. 30 % gesenkt.  

Um Kosten zu sparen werden betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen. Älteren Mitarbeitern werden Abfindungen angeboten. Das Unternehmen läßt die Produkte nunmehr in China produzieren. Das Lohngefüge und die Lebenshaltungskosten sind in China weitaus niedriger als in Europa. Für den Stundenlohn den ein Deutscher Beschäftigter bekommt kann ein Chinese schon einen ganzen Tag gut leben.  Herr Meier hat Glück, ihm wird nicht gekündigt, er ist ja auch schon sehr lange Mitarbeiter der Firma X. Allerdings wird er zukünftig kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld mehr erhalten. Herr Meier denkt sich "na Hauptsache ich habe Arbeit".
Allerdings kann er jetzt schon kein Geld mehr zum Sparen zurücklegen und die Geschenke zu Weihnachten fallen kleiner aus. Nach ein paar Monaten gibt es in der Firma X schon wieder Gespräche bezüglich betriebsbedingter Kündigungen.

Um die völlige Schließung der Deutschen Produktionsstätte und das Hochschnellen der Arbeitslosenzahlen in der Region zu vermeiden schaltet sich nunmehr die Politik ein. Der Firma X werden bei Erhalt der Arbeitsplätze ein großer Teil der Steuern erlassen. Durch diesen Schachzug werden die Arbeitsplätze erst einmal gerettet. Zur gleichen Zeit baut die Firma X eine neue Produktionsstätte in einem Südamerikanischen Land. Auch hier sind die Lebenshaltungskosten extrem niedrig, sodass den Beschäftigten nur ein sehr geringes Entgeld gezahlt werden muss. Nach gut einem Jahr Bauzeit ist die neue Produktionsstätte fertig und nimmt die Arbeit auf. Zur gleichen Zeit wird die endgültige Schließung des Betriebes in Deutschland erklärt.

Herr Meier ist von einem Tag auf den anderen arbeitslos. Wie konnte das nur geschehen ? Hat er nicht über Jahre hinweg sei Bestes für seine Firma gegeben ? Er hatte sich auf nicht vergütete Mehrarbeit und Lohnverzicht eingelassen und jetzt beantragt er Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt. Er macht sich sofort auf die Suche nach einer neuen Arbeit. Sehr schnell muss Herr Meier feststellen, dass die anderen Betriebe ebenfalls Arbeitsstellen abbauen. Wenn noch Mitarbeiter gesucht werden, so sollten sie nicht älter als 40 Jahre sein. So liest er das auch in fast jeder Stellenanzeige. Nun hat er über 30 Jahre für die Firma X gearbeitet und bekommt jetzt ohne sein Verschulden keine Chance mehr auf adäquate Arbeit und Entlohnung. Sein kleines Häuschen ist noch nicht abgezahlt, er muss sparen an allen Ecken und Enden. Die Produkte der Firma X, die mittlerweile nur noch im Ausland produziert werden, verkaufen sich wegen des recht niedrigen Preises recht gut.

Die Aktionäre sind mit der Ausschüttung der Dividende sehr zufrieden. Demnächst steht die Übernahme eines weiteren deutschen Unternehmens an. Diese Übernahme ist strategisch sinnvoll um die bisherigen Absatzkanäle zu nutzen und die Produkte dann nach und nach auszutauschen. Es beginnt das bekannte Spiel von vorn. Herr Meier muss beim Einkauf mittlerweile sehr auf das Geld achten und kauft preisbewusst ein. Das er nun ein Produkt seines ehemaligen Arbeitgebers kaufen muss, da es halt günstiger als alle anderen ist, schmeckt ihm eigentlich gar nicht. Aber was soll er dagegen machen ?


Das Arbeitslosengeld läuft aus, Herr Meier hat trotz ständigen Bemühens keinen neuen Arbeitgeber mehr gefunden. Er meldet sich bei Hartz IV an und muss nunmehr alle seine Ersparnisse offen legen. Er hat mittlerweile seine Hoffnung auf die Politik aufgegeben. Alle reden nur von einer starken Wirtschaft die nötig sei um Arbeitsplätze zu schaffen. Und passieren tut eigentlich immer nur das, was ihm ja nun schon widerfahren ist und wohl noch vielen Menschen so bevorstehen wird. Natürlich würde er auch für einen Euro pro Stunde arbeiten, wenn die Lebenshaltungskosten entsprechend niedrig wären. Hier nutzen die großen Unternehmen zur Gewinnmaximierung einfach die doch sehr unterschiedlichen Lohngefüge und Lebensverhältnisse in den Entwicklungsländern.

Was ist zu tun ?

Die Politik sollte nur die Unternehmen steuerlich entlasten, die nachweislich Arbeitsplätze erhalten oder schaffen. Das eigentliche Problem wird aber scheinbar noch gar nicht richtig erkannt.
Die Wirtschaft handelt global, die Politik reagiert regional !
Diese Problematik kann nur geregelt werden, wenn es eine Globale Organisation gibt, die Richtlinien für die Wirtschaft ausgibt und diese auch gleichzeitig überwacht. Das heißt, die Politik muss agieren und nicht nur auf Veränderungen reagieren. Sicherlich könnten Einfuhrquoten und Einfuhrzölle eine solche Regelungsmöglichkeit sein. Hier wäre meines Erachtens schon sehr viel getan, wenn innerhalb der Europäischen-Union eine für Gesamteuropa verbindliche Wirtschaftspolitik gelten würde. Es muss aber damit aufhören, dass sich Politiker und Manager hinstellen und sagen "der Deutsche Arbeitnehmer sei zu teuer" und das Arbeitsplätze nur durch Wirtschaftswachstum geschaffen werden.

Solange die Unternehmen tatsächlich in Deutschland produzieren lassen ja ! Allerdings haben gerade die Firmen das größte Wirtschaftswachstum, die in den Entwicklungsländern produzieren. Die Globalisierung ist nicht zu verhindern und bei entsprechender Regulierungen würde sie wohl auch ihren Schrecken verlieren.

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